Sprungziele
Gemeinde Süsel
Inhalt

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Diskussion um eine Verwaltungsstrukturreform auf kommunaler Ebene ist jung, aber nicht ganz neu. Sie begann unter dem vorherigen Innenminister in den Jahren 2003/2004.

Noch bis zur Landtagswahl in diesem Jahr wurde von den Vertretern der CDU wie der SPD auf Landesebene bei allen Verlautbarungen zu diesem Thema die Freiwilligkeit betont. Dies änderte sich, nachdem die beiden Parteien zur großen Koalition zusammengefunden hatten. Zwar wurde immer noch gern das Wort Freiwilligkeit in den Mund genommen, aber die von der Landesregierung beschlossenen Leitlinien zur künftigen kommunalen Struktur treffen eine andere Aussage. Wer sich nicht zusammenschließt wird zusammengeschlossen!

Was geben diese Leitlinien vor?

Es geht um die Zusammenlegung von Verwaltungen der Städte, Gemeinden und Ämter, die weniger als 8.000 Einwohner betreuen. Diese müssen ihre Verwaltung mit einer oder mehreren anderen zusammenlegen, so dass die gemeinsame Verwaltung dann mindestens diese Einwohnerzahl erreicht. Die Zusammenlegung muss so erfolgen, dass auf Dauer nur eine Verwaltung verbleibt, wobei Außenstellen durchaus möglich und vielfach auch nötig sind. Die Gemeinden als solche bleiben aber erhalten und stehen, jedenfalls heute, nicht in Frage. Mit 5.364 Einwohnern ist Süsel von dieser Regelung betroffen und müsste die Verwaltung mit einer anderen zusammen legen.

Die Ziele dieser Reform werden genau definiert. Danach sollen die Verwaltungen auf Ebene der Städte, Gemeinden und Ämter

-         professioneller,

-         wirtschaftlicher und

-         bürgernäher

gestaltet werden.

Diese Zielsetzung teilen wir alle. Doch schauen wir genauer:

Professionalität: Ich verfolge nun wirklich nunmehr seit langer Zeit zunächst als Büroleiter und später als Bürgermeister alle Veröffentlichungen auf Landes- und Kreisebene über den kommunalen Bereich. Bevor gezielt die Diskussion um eine Verwaltungsstrukturreform begonnen wurde, habe ich nie irgendwelche Erkenntnisse darüber gelesen, dass es Probleme gegeben hat, weil kleinere Verwaltungen etwa weniger professionell wären.

Nun will ich mir bezogen auf die Süseler Verwaltung als Verantwortlicher kein Urteil erlauben. Aber ich kann auf objektive Ergebnisse der Überprüfungen durch das Gemeindeprüfungsamt des Kreises Ostholstein verweisen. Danach verfügt Süsel über eine gute und leistungsfähige Verwaltung.

Nun verweist das Land gern auf künftige Aufgaben, die wir angeblich nicht mehr bewältigen können. Bis heute ist aber nicht klar, welche Aufgaben das Land nach unten abgeben wird. Selbst wenn das festgelegt ist, muss man erst wissen, wohin diese Aufgaben verlagert werden. So wird es im Land die neuen, mit wechselnden Bezeichnungen versehenen Dienstleistungs- oder Kompetenzzentren geben, die Aufgaben übernehmen sollen, dann die Kreise selbst. Was wirklich auf Gemeindeebene ankommen wird, kann heute niemand vorhersehen.

Dennoch versucht das Land, eine neue Verwaltungsstruktur auf kommunaler Ebene zu schaffen, ohne die künftigen Aufgaben zu kennen. Jeder verantwortliche Unternehmer wird seinen Betrieb genau andersherum organisieren.

Außerdem spricht das Land uns genau das ab, was es derzeit selbst tut. Einzelne Landesaufgaben sollen gemeinsam mit anderen Bundesländern, speziell Hamburg, erfüllt werden. Genau diese Lösung wird Gemeinden unter 8.000 Einwohner abgesprochen, die natürlich auch besondere Aufgaben gemeinsam erfüllen könnten. Was vom Land als innovativ herausgestellt wird, ist bei uns doch längst Praxis.

Das andere Ziel ist die Wirtschaftlichkeit. In Zeiten leerer Kassen für uns alle ein gemeinsames Ziel. Was wird nun getan, um dieses Ziel zu erreichen? Es werden nicht etwa Kennzahlen, Werte vorgegeben, die jede Verwaltung einhalten muss. Nein, für das Land geht es einfacher: Die Gleichung lautet: Verwaltungen unter 8.000 Einwohnern sind unwirtschaftlich, Verwaltungen über 8.000 wirtschaftlich. Damit macht es sich die Landesregierung zu einfach.

Zur Wirtschaftlichkeit der Gemeinde Süsel nur der Verweis auf objektive Betrachtungen:

Der Bericht des Landesrechnungshofes zu Verwaltungsstrukturen und Zusammenarbeit im kreisangehörigen Bereich nennt Süsel mit Personalkosten von 129,34 € je Einwohner bei Durchschnittswerten von fast 160 €. Der landessweite Vergleich von Verwaltungen unterschiedlicher Größenklassen zeigt übrigens lediglich bei Verwaltungen unter 3.000 Einwohnern zu einem Teil unverhältnismäßig hohe Personalkosten pro Einwohner. Darüber hinaus werden Sie nicht etwa mit der Größe günstiger. Dies relativiert der LRH allerdings mit dem Hinweis, das in größeren Einheiten mehr Aufgaben wahrgenommen werden. Richtig! Leider verschweigt der Bericht, dass in größeren Einheiten bestimmte Aufgaben auf Eigenbetriebe und andere selbstständige Einrichtungen übertragen sind, die in kleineren Verwaltungen selbst erledigt werden und dort den Personalkostenbereich belasten. Auch die besonderen Aufgaben, die in einer Großgemeinde wie Süsel durch die Fläche und die Struktur entstehen, darf man auch nicht außer Acht lassen.

Einen weiteren Vergleich zur Wirtschaftlichkeit ermöglicht die Gegenüberstellung der Personalkosten für die Verwaltungen der Städte, Ämter und Gemeinden im Kreis Ostholstein des Jahres 2004, der uns durch die Kommunalaufsicht zur Verfügung gestellt wurde. Süsel liegt mit 140,95 € je Einwohner nicht nur deutlich unter dem Durchschnitt sondern auch auf Platz 3 der amtsfreien Gemeinden. Durchschnitt aller ist übrigens ein Betrag von 167,44 € je Einwohner. Die Differenz zwischen dem Wert der Süseler Verwaltung und dem Durchschnittswert mag sich gering anhören. Sie macht bei 5.364 Einwohnern  eine Summe von über 142.000 € jährlich aus, die nicht in der Verwaltung „versiegt“, sondern der Gemeinde Süsel für ihre Aufgaben zur Verfügung steht.

Nach weiteren Einsparungen sind heute, mich eingeschlossen, 10,4 Mitarbeiter für 5.364 Einwohner in der Verwaltung tätig. Damit scheue ich keinen Vergleich im Lande!

Die Wirtschaftlichkeit lasse ich der Gemeindeverwaltung Süsel daher nicht absprechen.

Es bleibt das Ziel Bürgernähe! Wie dies Ziel durch den Wegfall von Verwaltungen erreicht werden soll, beurteilen Sie selbst. Nach Einzelhandel, Post und Banken wird sich nun auch die Verwaltung mehr und mehr aus dem ländlichen Raum verabschieden. Aber das können wir dann ja, finanziert aus Steuergeldern, mit den so genannten ländlichen Dienstleistungszentren ausgleichen.

Auch Bürgernähe durch das sog. E-Government ist Thema, also Verwaltungsdienstleistungen über das Internet. Dabei werden die ab 2007 anstehenden Veränderungen im Meldewesen angeführt. Auch hier kann der Gemeinde Süsel die Leistungsfähigkeit nicht abgesprochen werden, weil unser EDV-Programm längst darauf vorbereitet ist und wir über den dazu erforderlichen sicheren Internetzugang verfügen.

Das ein Bürgermeister, der direkt von der Bevölkerung gewählt und seiner Gemeindevertretung verantwortlich ist, ein besonderes Interesse an einer Bürgernahen Verwaltung hat, liegt wohl auf der Hand.

 

Die Leitlinien der Landesregierung lassen nun eine Frist, Zusammenschlüsse zu vereinbaren. Geschieht dies nicht sind gesetzliche Eingriffe zum 1. April 2007 vorgesehen.

 

Die Leitlinien sind übrigens ohne Beteiligung der kommunalen Landesverbände zustande gekommen. Es hieß, dass Sie auf jeweils kreisweiten Veranstaltungen mit den Gemeinden diskutiert werden. Diese Diskussion fand in Ostholstein – wie im ganzen Land - wie folgt statt: Der Innenministers erklärt: „Es ist so. Stellen Sie sich diese Leitlinien als Autobahn mit Leitplanken vor. Versuchen Sie nach rechts oder links auszuweichen, zerbeulen Sie sich den Kotflügel.“ Ich jedenfalls bedaure, meine Zeit mit dieser Scheinveranstaltung vertan zu haben.

Diese ganzen Umstände haben auch dazu geführt, dass sich auf der Versammlung des Schl.-H. Gemeindetages alle Gemeinden mit nur einer einzigen Gegenstimme gegen die Reform in dieser Art und Weise ausgesprochen haben. Also sowohl Gemeinden, die ihre Verwaltungen fusionieren wollen oder auch schon fusioniert haben als auch Gemeinden, die gar nicht betroffen sind. Deutlicher kann eine Bewertung kaum ausfallen.

Allerdings sind diese Leitlinien bisher noch nicht Gesetz. Es bleibt die Hoffnung, dass die Landtagsabgeordneten etwas näher an der Basis und nach sachlichen Gesichtspunkten entscheiden. Eine Verwaltungsstrukturreform, die sich allein auf die Reduzierung der Anzahl von Verwaltungen beschränkt, ist weder gerechtfertigt noch erfolgreich. Nicht von ungefähr hat auch der Bund der Steuerzahler seine Zweifel geäußert.

Entschuldigen Sie mir, wenn ich Ihre Aufmerksamkeit doch sehr lange in Anspruch genommen habe, aber ich wollte Ihnen die Leitlinien zur Verwaltungsstrukturreform gern eingehend mit den dazugehörigen Hintergrundinformationen erläutern.

nach oben zurück